Im Jahr 1977 wurde von unserer Sektion der Breslauer Hütte anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Sektion eine Festschrift herausgebracht. In dieser Festschrift wurde sehr detailliert der Aufbau der Alpen speziell im Ötztal und um die Breslauer Hütte dargestellt, Ein großes Kapitel widmete sich der geologischen Zusammensetzung des Gesteins.
Wer als interessierter Wanderer sich von Vent aus im Richtung Breslauer Hütte und weiter zur Wildspitze aufsteigt wird die verschiedensten Gesteine unterwegs bemerken. Das glitzern der Steine zieht die Blicke auf sich. Auch braune Verfärbungen sind erkennbar, Spuren von Eisen, welches oxidiert ist. Doch auch viele Granate lassen sich in einigen Gegenden finden.
Um dieses Wissen wieder verfügbar zu machen, wird hier aus dieser Festschrift der geologische Aufbau in einer gekürzten Version wiedergegeben.
Bau der Ötztaler Alpen
Der stoffliche Bau
Wer Ötztaler Alpen hört, denkt sofort an »Urgestein« und Eisriesen, wobei schon die Bezeichnung Urgestein falsch ist. Nur der
kleinste Teil der Gesteine, die in den Ötztaler Alpen vorkommen, sind Erstarrungsgesteine, das heißt sie stammen aus der glutflüssigen Schmelze des Erdinnern. Auf dem Ötztaler-Stubaier Kristallin, das als Deckeneinheit zusammengehört, liegen auch ausgesprochene Ablagerungsgesteine im sogenannten Brennermesozoikum. Zu diesen Sedimentauflagerungen gehört der Serles-Kirchdachspitz-kamm genauso wie der eindrucksvolle Stock der Kalkkögel, der Tribulaune, der Telfer Weiße oder des Jaggl unmittelbar östlich des Reschensees. Auf dieses Brennermesozoikum aufgeschoben liegen noch die Ablagerungsgesteine der Blaserdecke und der Steinacher Decke. Doch sei hiermit ihr Vorhandensein nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Die Gesteine der eigentlichen Ötztaler Alpen gliedern sich in zwei große Gruppen: in die Paragesteine, die den flächenmäßig größten Anteil der Ötztaler Alpen einnehmen, und in die Orthogestein®, Die Paragesteine sind durch Umkristallisation aus ehemaligen Ablagerungsgesteinen entstanden. Die Orthogesteine sind aus Erstarrungsgesteinen durch Umkristallisation hervorgegangen. Sıe wurden im Erdinnern durch erhöhte Drücke und Temperaturen zu sogenannten Schiefergneisen und Glimmerschiefern umgewandelt.
Die Umwandlungstemperaturen solcher Vorgänge liegen je nach Erwärmungsgrad zwischen 300° C und 700° C. In wässrigen oder
kohlendioxydreichen Phasen kann unter teilweise hohen Drücken eine Teilmobilisation von Mineralien stattfinden, die dann als
chemische Lösung wandern und bei Druck und Temperaturänderungen oder aus anderen physiko- chemischen Gründen auskristallisieren. Dies mag für den Laien alles sehr unverständlich klingen, Ich darf dieses Phänomen daher an dem Beispiel Quarz kurz er läutern. Quarz hat normalerweise einen sehr hohen Schmelzpunkt, er liegt bei 1750° C. Reines Quarzglas gilt daher als besonders hitzebeständig. Weiterhin gilt Quarz als wasserunlöslich und wird nur von Flußsäure angegriffen. Dies bedeutet für eine glutflüssige Gesteinsschmelze unter normalen Druck- und Temperaturbedingungen, das heißt an der Erdoberfläche, daß Quarz aufgrund des hohen Schmelzpunktes zum Beispiel beim Abkühlen einer Lavamasse als allererstes Mineral auskristallisiert und bei Wiedererhitzung erst als letztes Mineral in Schmelze geht. Ganz anders verhält sich das Quarzkorn im Erdinnern, wenn hohe Drücke herrschen und Wasser und Kohlensäure in hochgespannter Phase vorhanden sind. Hier geht der sonst wasserunlösliche Quarz bereits bei Temperaturen um 650° C in Lösung und kann daher leicht weitertransportiert werden.
Gesteinsumwandlungen unter erhöhten Drücken und Temperaturen bei gleichbleibendem Gesamtchemismus ohne Aufschmelzung des Gesteines nennt man Metamorphose. Wir werden sehen, daß im Ötztaler-Stubaier Kristallin bis auf wenige Ausnahmen nur metamorphe Gesteine auftreten.
Die Paragesteine:
Es handelt sich hierbei um ehemalige sandige, tonige und kalkige Ablagerungen mit allen Übergängen und Mischungsverhältnissen.
Folgende Paragesteine sind für das Gebiet von Bedeutung: Quarzite, Biotit-Muskowit-Plagioklasgneise, mineralreiche Glimmerschiefer, Granatglimmerschiefer, staurolith- und feldspatknotenreiche Muskowitschiefer, graphitführende Gneise und Gneisglimmerschiefer, sowie karbonatische Gesteine wie Marmor und Kalksilikatfelse.
Die Quarzite sind ehemalige Quarzsandsteine. Sie kommen in reiner Form eigentlich nur in dünner, maximal 1 Meter mächtigen
Lagen vor. Die Quarzite sind ungemein harte, verwitterungsbeständige Gesteine und bilden im Verband mit anderen durchwegs
verwitterungsanfälligeren Gesteinen kleine Steilstufen im Gelände. Dem geübten Auge des Bergsteigers fallen die Quarzite als Steilstufen am Ostgrat der Talleitspitze zwischen 2700 und 3000 m Höhe auf.
Die Biotit-Muskowit-Plagioklasgneise sind Abkömmlinge grober, sandsteinartiger Sedimente aus dem Erdaltertum. Sie bilden mengenmäßig das Hauptgestein des gesamten Stubaier-Ötztaler Altkristallins. Sie bauen großteils den Wildspitzstock ebenso auf wie die unmittelbare Umgebung der Breslauer Hütte. Der Mineralbestand, entsprechend des prozentualen Anteils gereiht, besteht aus: Quarz, Plagioklas (Kalknatronfeldspat), Biotit (dunkler Eisenglimmer), Muskowit (heller Kaliglimmer).
Untergeordnet kommen noch Granat, Chlorit, Epidot vor, und als prozentuell nicht ins Gewicht fallende Nebengemengteile treten Zirkon, Apatit, Turmalin und Erze auf. Geringe Eisenerzbeimengungen sind ausschließlich für die rostbraune Farbe dieser Gesteinsgruppe verantwortlich.
Die grauen mineralreichen Glimmerschiefer waren einst tonige Sedimente, die vor allem Quarz, Feldspat (Plagioklas) Muskowit,
Biotit, Chlorit, Granat, Staurolith, Andalusit, Disthen oder Sillimanit enthalten. Aus Nebengemengteile treten Zirkon, Turmalin und Apatit auf. Die Granate erreichen in der Regel Durchmesser bis 4 cm und zeigen meist sehr schöne Oktaederform.
Die mineralreichen Glimmerschiefer durchsetzen in schmalen Bändern oder Linsen oft die Biotit-Muskowit-Plagioklasgneise.
Ausgedehnte Vorkommen sind ebenfalls recht häufig. Die Gipfel von Firmisanschneide und Talleitspitze werden von ihnen aufgebaut. Am Ostgrat der Talleitspitze wechsellagern sie mit den harten Quarzitbänken und tragen durch ihre gute Verwitterbarkeit zu deutlicher Stufenbildung bei. Auch am Spiegelkogel gibt es ausgedehnte Vorkommen.
Aus Sicht des Besuchers der Breslauer Hütte ist wohl das Vorkommen an der Südflanke des Otztaler Urkunds besonders erwähnenswert. Hier ziehen die Glimmerschiefer bis in Hüttennähe herab und zeichnen sich durch die Ausbildung großer Granate und Staurolithe (Durchmesser bis 1 cm) aus. Zonar angeordnet können auch Disthene (Durchmesser bis 1 cm) gefunden werden.
In den Granatglimmerschiefern treten Granate regelrecht gesteinsbildend auf. Neben den Granaten kommen vor allem Biotit,
Muskowit, Chlorit, Plagioklas, Quarz und etwas Epidot vor. In Nebengemengteilen sind Zirkon, Titanit, Apatit, Turmalin, Eisen-
erze, Karbonat und Graphit erwähnenswert.
Die Granatglimmerschiefer sind nichts anderes als eine glimmerund granatreiche Variante der Biotit-Muskowit-Plagioklasgneise
und entwickelten sich aus tonreichen Zwischenlagen des ursprünglichen, sandigen Ausgangsgesteins. Abgesehen von nicht auskartierbaren schmalen Bändern liegen die Hauptvorkommen in einem breiten Zug, der vom Manigenbach-Kogel über das Ramolhaus bis ins Pfossental zieht.
Am Ostabhang der Talleitspitze, oberhalb des Weges zur Martin-Busch-Hütte, finden wir ebenfalls ein erwähnenswertes Vorkommen.
Die staurolith- und feldspatenknotenreichen Muskowitschiefer können als Abart der mineralreichen Glimmerschiefer bezeichnet
werden und zeichnen sich durch knotenförmige Albite (Natronfeldspat) bis 8 cm Größe und durch bis zu 10 cm lange Staurolithe
aus.
Gesteine dieser Art kommen unmittelbar westlich der Vernagthütte vor. Als Einlagerung in diese Gesteinsgruppen können die oben schon erwähnten Quarzite und graphitführenden Gneise und Glimmerschiefer und metamorph umgewandelte karbonatische Gesteine gelten.
Graphitführende Gneise und Gneisglimmerschiefer sind keine Seltenheit und nehmen bei höherem Graphitgehalt eine dunkelgraue Farbe an. Die schiefrigen Gesteine sind durch die gebirgsbildenden Vorgänge meist stark zertrümmert, also mylonitisiert, und ergeben einen schwarzen Abrieb. Aus der Umgebung der Breslauer Hütte ist mir kein Vorkommen bekannt.
Die karbonatischen metamorphen Gesteine sind umgewandelte ehemalige karbonatische (Kalk-Dolomit-) Sedimentgesteine, die
jetzt als Marmore und Kalksilikatfelse vorliegen. Sie sind in den zentralen Ötztalern selten und treten als mehr oder weniger große Linsen zwischen Längenfeld und Sölden, auf Plattei östlich der Vernagtbachmündung und am südlichen Kreuzkamm auf. Große Marmorvorkommen sind erst in der Laaser Serie und im Schneeberger Zug vorhanden. Sie ziehen sich von Sterzing zur Hochwilde.
Der Marmor wird steinbruchmäßig gewonnen und ist als rein weißer Laaser Marmor weit bekannt. In der Reihe der Paragesteine sind hier noch die Paraamphibolite zu nennen, die nachweislich aus Sedimentgesteinen hervorgegangen sind. Einerseits sind sie aus vulkanischen Tuffen und Tuffiten entstanden, andererseits liegen die meisten Amphibolite sedimentärer Herkunft in Wechsellagerung in den verschiedenen Paragneisen vor, das heißt die etwas tonreicheren Lagen des ursprünglichen Ausgangsgesteins wurden je nach Höhe von Druck und Temperatur zu Glimmerschiefern oder Amphiboliten umkristallisiert, die sandigeren Lagen zu Gneisen. Dementsprechend ist auch noch der frühere Lagenbau im Gesamtgestein deutlich zu erkennen.
Die Amphibolite, ganz gleich welcher Herkunft, enthalten Hornblende und Plagioklas (Kalknatronfeldspat) als Hauptgemengteile; Apatit, Titanit, Erz als Nebengemengteile. Als Übergemengteile treten Granat, Epidot, Zoisit, Quarz, Biotit, Chlorit, Zirkon, Muskowit, Serizit und Rutil auf. Diese Paraamphibolite kommen vereinzelt überall in der Paragneisen vor.
Die Orthogesteine
Die Orthogesteine sind Umwandlungsgesteine, die im Unterschied zu den Paragesteinen aus magmatischen Ausgangsgesteinen durch metamorphe Vorgänge entstanden sind, wobei diese Gesteinsschmelzen ihr Material sowohl aus Sedimentgesteinen als auch aus Erstarrungs- oder vulkanischen Gesteinen bezogen haben können. Die Orthogesteine zeigen bis auf wenige Ausnahmen entweder Lagenbau oder zumindest nach einer Richtung eingeregelte Minerale, so daß sie nach ihrer Auskristallisation einem starken gerichteten Druck ausgesetzt gewesen sein müssen und somit ebenfalls die Bezeichnung metamorphe Gesteine zu Recht tragen.
Auch der einzige im Ötztaler Kristallin vorkommende Granit, der Winnebachgranit, ist kein ursprünglicher Granit, sondern ein nahezu vollkommen aufgeschmolzener uralter Paragneis, der in der Urzeit der Erde ein Ablagerungsgestein mit sandigen Eigenschaften gewesen sein muß. Die große Vielfalt der Orthogesteine läßt sich nach dem Chemismus in saure und basische Gruppen einteilen und innerhalb der Gruppen noch in relativ jüngere und relativ ältere Gesteine. Die jüngeren Gesteine haben die älteren nachträglich durchdrungen. Dies erkennt man leicht an dem in der Richtung abweichenden Lagenbau der Mineralkörner.
Die sauren Orthogesteine enthalten gegenüber den basischen ein großes Übergewicht an Kieselsäure in Form von Quarz und kieselsäurereichen Feldspaten. Sie sind durchwegs heller gefärbt und werden als Orthogneise bezeichnet.
Die basischen Gesteine enthalten vor allem dunklere, kieselsäurearme, femische (eisen-magnesiumreiche) Mineralien und haben daher ein dunkles Aussehen. Dies ist für den Bergsteiger eigentlich das markanteste Unterscheidungsmerkmal.
Eines haben alle Orthogesteine gemeinsam. Aufgrund ihrer großen Härte und Massigkeit bilden sie steile Wandstufen, scharfe Grate und für den Kletterer geschaffene steile Bergformen. Sie nehmen aber im Unterschied zu den Paragesteinen die kleinere Fläche in den Otztaler Alpen ein.
Saure Gesteinsgruppe
Die älteren granitischen Gesteine seien hier nur kurz mit ihren Hauptmerkmalen und Vorkommen in den zentralen Ötztalern
aufgezählt. In der Praxis sind sie für den Laien kaum, für den Fachmann im Handstück nicht immer zu unterscheiden:
Biotitgranitgneis: mittel- bis feinkörniger Gneis, der als Hauptgemengteil außer Quarz und Feldspat nur den dunklen Glimmer,
also Biotit, und keinen Muskowit enthält. Das einzige bekannte Vorkommen in der Nähe der Breslauer Hütte befindet sich am
Ostgrat der Talleitspitze in rund 3000 m Höhe und markiert den Steilaufschwung zum Gipfel. Die auffallendsten Gestalten des
Kaunergrates, Rofelewand, Schwabenkopf, Verpeilspitze, Watzespitze werden aus Biotitgranitgneisen und deren Abarten aufgebaut.
Zweiglimmeriger Augen- und Flasergneis: Als Hauptgemengteile treten außer Quarz und beiden Glimmerarten (Biotit und Muskowit), große Kalifeldspatkristalle (Orthoklas) auf, die als große Einsprenglinge dem Gneis den Namen geben.
Rotizkogl und die meisten Berge des Glockturmkammes verdanken ihre wuchtigen Gestalten diesem Gestein.
Muskowitgranitgneis: Der Muskowitgranitgneis enthält außer Quarz vor allem Kalifeldspat (Orthoklas) und hellen Glimmer.
Er fällt als sehr helles Gestein allenthalben auf und tritt in Steilstufen oder Grattürmen besonders hervor.
Nördlich der Ötztaler Wildspitze zieht ein breites Band ungefähr vom Schuchtkogel über Taschachwand, Pitztaler Urkund zur Ölgrubenspitze und baut ihre steilen, massigen Bergformen auf. Diese Muskowit-Granitschlinge bildet auch Steilstufen und gefährliche Spaltenbereiche im Taschachferner aus. Die Geologie wird also durch gewaltige Eismassen bis zur Oberfläche durchgeprägt.
Das einzige Vorkommen in der Nähe der Breslauer Hütte stellt der unmittelbare Südgrat des Wilden Männle dar, von wo er in zwei parallelen Schlingen, mehrfach von Schuttüberdeckung unterbrochen, in südwestlicher Richtung hinabzieht und in 2400 m Höhe vom Weg zur Breslauer Hütte gequert wird.
Granodioritgneise sind mittel- bis grobkörnig, aber gleichkörnige, helle, harte Gneise, die sich durch weniger saure Feldspate und durch das Auftreten von grünen Hornblendestengeln von den anderen Gneisen unterscheiden. Sie bauen vor allem Teile des
vorderen und mittleren Ötztales auf, so den Acherkogel und die erste Steilstufe, über welche die Ötztaler Ache südlich Habichen
hinuntertost.
Die genaue Entstehungsgeschichte all dieser Gesteine ist noch nicht gänzlich erforscht, bildet also ein weites Betätigungsfeld für
Petrologen.
Basische Gesteinsgruppe
Zu diesen Gesteinen zählen eine ganze Serie von Amphiboliten und die mit ihnen vorkommenden Peridotite und Eklogite, so-
wie Alumosilikatgneise und jüngere Ganggesteine, die als Diabase bezeichnet werden.
Die Orthoamphibolite treten als Bänderamphibolite und Granatamphibolite auf, enthalten im Grunde dieselben Mineralien wie
die bereits beschriebenen Paraamphibolite und zeichnen sich besonders durch verschiedene Einlagerungen aus.
Das Hauptvorkommen der Amphibolite liegt in einem ost-west-streichenden Zug zwischen Längenfeld und Sölden. Die Ortho-
amphibolite bilden vorwiegend düstere, steile Bergformen und wild gezackte Grate. Die Einlagerungen in den Amphiboliten bestehen aus Peridotiten und Eklogiten.
Die Peridotite treten als kleine, scharf begrenzte linsige Körper auf, die kaum 100 m³ Volumen überschreiten. Sie kommen in der
Gegend des Luibiskogels zwischen Ötztal und Pitztal und östlich des Ötztales im Sulztalkamm in Bänderamphiboliten vor. Sie fallen in beiden Vorkommen durch ihre rostbraune Verwitterungsfarbe auf, sind aber touristisch nicht leicht zu erreichen. Unverwittert schaut der Peridotit grün bis schwarz aus und besteht nahezu ausschließlich aus Olivin und Augit.
Varianten können bis 30% Granat oder bis 50% Hornblende führen. Eine besonders interessante Einlagerung stellen die Eklogite dar, die früher als Gesteine aus dem Erdmantel, also aus großer Erdtiefe, gedeutet wurden. Heutzutage weiß man, daß die Eklogite wie die Orthoamphibolite aus gabbroiden Gesteinen entstanden sind, wobei im Ötztal nahezu sämtliche Übergänge vom fast reinen Gabbro über Eklogit zu den Amphiboliten vorhanden sind. Die Eklogite treten in zwei Varianten auf, wobei die eine Variante ein hellrosa Gestein mit grünen Schlieren darstellt. Die rosa Färbung ist auf reichlichen Granatgehalt zurückzuführen, die grüne Färbung auf grünen Augit (Omphazit). Hinzu kommen noch farblose Hornblende, Disthen, Erz und Rutil. Die andere Variante besitzt eine graugrüne Grundmasse, in der bis 5 mm große Granate auftreten.
Am besten zu sehen sind diese Gesteine an der Straße von Längenfeld nach Burgstein.
In den Granatamphiboliten, die unmittelbar südlich des eben beschriebenen in einem 400 m mächtigen Zug auftreten, sind
ebenfalls Eklogite eingelagert, die sich durch wesentlich deutlichere rote oder grüne Grundfärbung auszeichnen.
Südlich an die Granatamphibolite schließt eine rund 300 m mächtige Serie an, in der Amphibolite und sogenannte Alumosilikatgneise wechsellagern.
Diese Alumosilikatgneise enthalten vor allem Granat, Staurolith, Biotit, Sillimanit, Disthen und Andalusit, wobei gerade das Ver-
hältnis der drei letzteren, die alle dieselbe chemische Formel (Al203 - Si02), jedoch verschiedene Eigenschaften und verschiedenes Aussehen besitzen, aber vor allem verschiedene Bildungsbedingungen benötigen. Daher gelten sie als besonders wichtige Leitminerale zur Erforschung der Entstehungsgeschichte der Ötztaler Alpen.
Südlich hieran schließt die sogenannte Wechselserie an, die den Hauptanteil des gesamten Amphibolitzuges des mittleren Ötztales ausmacht. Hier wechsellagern basische Amphibolite mit sauren, hellen Gneisen. Es wird angenommen, daß diese Wechselserie aus Umwandlungsgesteinen einem uralten, rasch wechselnden basiıschen und sauren Vulkanismus entstammt. Diese Deutungsversuche sollten jedoch mit aller gebotenen Vorsicht aufgenommen werden.
Südlich an die Wechselserie schließt nochmals eine AmphibolitEklogitzone an. Insgesamt wird diese Zone des mittleren Ötztales als ein uralter, steckengebliebener basischer - also gabbroider — Vulkanismus gedeutet.
Als letzte basische Gesteinsgruppe treten Diabase auf, die chemisch und mineralogisch Basalten entsprechen, nur aufgrund ihres Alters, im Erdaltertum eingedrungen, auch namentlich unterschieden werden. Sie enthalten folgende Mineralien: Plagioklas und Augit als Hauptgemengteile, daneben Hornblende, Biotit, eventuell Olivin oder Quarz. Als Nebengemengteile können Anatas, Titanit und Rutil auftreten. Sie stellen die jüngsten Gesteine innerhalb des Altkristallins dar, da sie alle anderen Gesteine in Form von mehrere Meter mächtigen Gängen durchschlagen. Es sind eindeutig magmatische Gesteine.
Die Diabasgänge treten überall im Ötztaler-, Stubaier- und Silvrettakristallin auf. Rund 100 m westlich des Gipfels des Ötztaler
Urkund zieht ein Diabasgang als Gratrippe gegen Südwesten herunter, um sich im Schutt des Mitterkarferners zu verlieren.
Der strukturelle Bau
Die Ötztaler Masse bildet eine Decke, die zum ostalpinen Stockwerk des Alpengebäudes gehört. Dies ist dadurch eindeutig bewiesen, daß sie über dem Penninischen Stockwerk des Engadiner Fensters im Westen wie auch des Tauernfensters im Osten liegt.
Ob die Ötztaldecke als mittel- oder oberostalpines Teilstockwerk eingereiht werden kann, ist derzeit noch umstritten.
Eines ist jedoch unumstritten: die Ötztaler Decke hat ähnlich wie die Silvrettadecke eine wildbewegte Vergangenheit hinter sich, und dies in des Wortes wahrster Bedeutung. Wenn die Gesteinsserien nördlich der Linie Sölden - St. Leonhard noch einen flachachsigen Faltenbau aufweisen, so zeigen sie in den zentralen südlichen Ötztaler Alpen einen steilachsigen Bau. Das bedeutet,daß die Gesteinsschichten senkrecht stehen und in regelrechten Schlingen und Windungen angefordert sind, die einer auf der Seite stehenden, verbogenen Welleternitplatte nicht unähnlich sehen. Eine dieser Schlingen wird als Venter Schlinge bezeichnet.
Auf dem Ötztaler Altkristallin liegen noch Reste mesozoischer Ablagerungsgesteine wie die Kalkkögel, der Serleskamm, die Tribulaungruppe, der Blaser im Osten und der Triasstock des Jaggl im Westen.
Älteste Gesteine im Ötztaler Altkristallin
Mit Hilfe der Messung radioaktiver Zerfallsreihen an Gesteinen oder Mineralien kann ihr absolutes Alter, das heißt der Zeitraum seit ihrer letzten Umkristallisation, bestimmt werden.
Die ältesten bisher bestimmten Gesteine aus der Gegend von Umhausen wurden mit der Uran-Blei-Zerfallsreihe gemessen und weisen ein Alter zwischen 470 und 500 Mill. Jahre auf.
Die meisten Altersbestimmungen weisen auf ein Alter von rund 400 Mill. Jahren hin (zum Beispiel Muskowitgranitgneis in Vent). Die Umwandlung dieser Gesteine würde zeitlich recht gut in die drittletzte Gebirgsbildungsphase, also in die kaledonische, passen.
Die heutige Gestalt der Ötztaler Alpen
Der Formenreichtum des Gebirges, wie er sich heutzutage dem Betrachter darbietet, hat drei große Ursachen:
den stofflichen Bau der Gesteine, den strukturellen Bau des Gebirgsstockes und die abtragenden Kräfte wie Schwerkraft und Klima. Die heutigen Talformen, und da gibt es gar keinen Zweifel, wurden nicht etwa durch Eis und fließendes Wasser geschaffen. Vielmehr waren diese Talformen bereits durch die Gebirgswerdung vorgezeichnet.
Das Gebirgsrelief wurde durch die abtragenden Kräfte überformt, vertieft und damit verdeutlicht.
Ganz sicher sind heute noch tertiäre Landoberflächen in den Ötztaler Alpen vorhanden, die damals vor vielen Millionen Jahren das Niveau der Meereshöhe hatten. Diese tertiären Landoberflächen bilden heute in einer nahezu einheitlichen Höhe im inneren Ötztal die Unterlage der Gletscherbecken.
Als Reste einer stufenweisen Heraushebung des Alpenkörpers sieht man an Talrändern oft noch Terrassen und Verebnungen. Diese dürfen aber nicht mit Moränenwällen verwechselt werden.
Selbstverständlich hat die letzte Eiszeit ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Vor allem sehen wir heute noch Seiten- und Endmoränenwälle, die von kurzzeitigen Vorstößen im Verlauf des allgemeinen Eisrückganges stammen. Anhand dieser Wälle können rund acht verschiedene Rückzugsstadien seit der letzten Großvereisung vor rund 10000 Jahren nachgewiesen werden. Die frischesten und schönsten Moränenwälle, die heute oft viele Kilometer vor den Gletschertoren liegen, stammen aus der Zeit des letzten größeren Eisvorstoßes aus der Mitte des letzten Jahrhunderts.
Viele kleinere kurzzeitige Gletschervorstöße bewirkten in den Jahren zwischen 1600 und 1848 die Aufstauung des Hintereisbaches durch den Vernagtferner im Rofental. Der ausbrechende Eissee führte immer wieder zu schweren Verheerungen im Unterlauf. Das gegenwärtige Verhalten der Gletscher ist eher wieder durch eine leichte Zunahme der Vereisung gekennzeichnet, nachdem die Eismassen seit den zwanziger Jahren bis in die hohen sechziger Jahre stark abgeschmolzen waren.
Die maximale Eismächtigkeit in der Ötztaler Gletscherwelt wurde mit 250 Metern im Hintereisferner gemessen.
Mineralien
Das Altkristallin der Silvretta und der Ötztaler - Stubaier Alpen ist eher arm an Fundstellen schön ausgebildeter, vom Sammler begehrter Mineralien.
Die mengenmäßig ergiebigsten Fundstellen liegen nahezu ausschließlich in den mineralreichen Glimmerschiefern.
Berühmt sind die besagten Glimmerschiefer für ihre Vorkommen an schön ausgebildeten Granaten, die nicht zu selten Faustgröße erreichen. Allerdings handelt es sich bei diesen Granaten nicht um den sogenannten Zillertaler Schmuckgranat, den Pyrop (im Schmuckhandel oft fälschlich »Kaprubin« genannt), sondern um eine isomorphe Mischungsreihe aus Almandin, Grossular und Pyrop, die nicht die blutrote Farbe und die glänzende Reinheit des Pyrop besitzen, sondern eher rostbraun gefärbt sind. Allerdings zeigen alle die klassische Oktaederform. Eine berühmte Fundstelle stellt die Umrahmung des Gaisbergferners östlich der Hohen Mut dar. Bereits im Grundmoränenvorfeld des Gletschers können Granate, Hornblenden aus Hornblendegarbenschiefern, weiße und schwarze Marmore, Disthenkristalle und Fuchsit (chromhaltiger Kaliglimmer) gefunden werden. Der Nordwestgrat des Granatenkogels, auch als Granatenwand bezeichnet, gilt wohl als die reichste Fundstelle dieser Art.
Aber auch alle anderen Berge des sogenannten Schneebergerzuges zwischen Timmelsjoch und Hochwilde versprechen reiche Ausbeute an schönen Granaten und Hornblenden, die garbenartig auftreten und daher sehr auffällig sind.
Andere lohnende Granatfundpunkte befinden sich im Lisenstal, das bei Gries im Sellrain nach Süden abzweigt, unmittelbar am Wege zur Juifenalm. Ebenfalls im Lisenstal können schöne Granate am Ostgrat des Zischkeles in den Glimmerschiefern gefunden werden. Weiterhin sollen am Reiserkogel oberhalb Huben und am Schwarzsee bei Hochsölden sammelreife Granate auftreten.
Da an der Südflanke des Ötztaler Urkund, also ganz in der Nähe der Breslauer Hütte, ebenfalls mineralreiche Glimmerschiefer zu Tal ziehen, können bei entsprechendem Eifer auch hier Granate, Hornblenden und Kaliglimmer in schöner Ausführung erbeutet werden. Allerdings muß an dieser Stelle vor verwegenen Kletterkunststücken gewarnt werden!
In den mineralreichen Glimmerschiefern treten häufig Quarzknauern bis Kopfgröße auf. Diese Knauern führen teilsrecht schöne rosarote Andalusite, dunkle Cordierite, bläuliche Disthene und schwarzbraune Turmaline (Schör|)).
Auch hier kann das Lisenstal an seiner rechten Talflanke zwischen Juifenau und Schönlisensalm als erwähnenswerte Fundstelle genannt werden. Besonders die dunklen Turmaline fallen auf, da sie schöne, mehrere Zentimeter lange, schwarze Stengel bilden, die allerdings vom Laien mit Hornblenden der Hornblendegarbenschiefer verwechselt werden können. Die Turmaline treten im Unterschied zu den Hornblenden niemals garbenförmig auf.
Auch die Luibisalm im Pitztal und eine Stelle in der Nähe des Ölgrubenjoches sind für das Vorkommen von Quarzknauern mit Mineralinhalt bekannt.
Die lange Zeit abbauwürdigen Eisenerzvorkommen von Magnetit (Fe203) und Hämatit (Fe304) in den Kalkkögeln am Hohen Burgstall begründeten die Kleineisenindustrie des Stubaitales.
Im Wettersteindolomit der Wildgrube südwestlich von Obernberg in der Tribulaungruppe kommen vor allem Kupfererze und mit diesen vergesellschaftete Minerale vor (Fahlerze, Bournonit, Cuprit, Azurit, Malachit, Zinkblende, Zinkspat, Bleiglanz, Antimonit, Pyrit, Rubingliımmer (Eisenhydroxyd), Baryt und Flußspat.
Im Habichtkamm, in der Nähe der Dresdner Hütte, am Serleskamm, im Längental bei Lisens, in der Nähe von Sautens waren früher ebenfalls alte Bergbaue in Betrieb, diese genauso wie der Bergbau im Platzertal südlich Tösens auf Zinkblende — Bleiglanz - Kupferkies.
Daneben treten noch Magnetkies, Pyrit, Jamesonit, Fahlerze, Graphit, Limonit, Bournonit, Arsenkies und Antimonglanz auf. Ein kleines, nicht abbauwürdiges, aber für den geübten Mineraliensammler immer lohnendes Vorkommen liegt am Ausgang des Kaunertales.
Bimsstein von Köfels
Abschließend darf hier noch auf eine Kuriosität verwiesen werden, die viele Fachleute jahrzehntelang beschäftigte.
In der Nähe von Köfels, genau 300 m nördlich des Ortes, wurden Bimssteinvorkommen entdeckt und unterdessen von Sammlern vollkommen geräubert.
Diese Bimssteine sind ein helles, durch plötzliche Entgasungsvorgänge aufgeschäumtes Gestein, das üblicherweise anläßlich von Vulkanausbrüchen entsteht. Der Bimsstein von Köfels dagegen - dies scheinen genaue Vergleiche des Chemismus des umgebenden Gesteins und Bimssteins ergeben zu haben — entstand als Aufschmelzungsprodukt der umgebenden Gneise anläßlich eines gewaltigen Meteoriteneinschlages. Dieser löste gleichzeitig einen katastrophalen Bergsturz aus, der das Ötztal südlich Umhausen verlegte und die sogenannte Maurachenge schuf.
Alle Rechte an diesem Text liegen bei der Sektion Breslau.
Nachfolgend einige typische Steine im Bereich der Breslauer Hütte. Gut zu erkennen sind die Faltungen des Gesteins. Der silbrige Glanz kommt auf den Fotos nicht zur Geltung. Im Bereich der ehemaligen Gletscher, in den Schutthalden, ist die rotbraune Färbung der Steine erkennbar. Sehr gut erkennbar auch die Schleifspuren des Eises im Gestein, welches über die Felsen gerutscht ist.
Das Copyright der Fotos liegt beim Autor des Artikels.
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